Drehbuchstudierende schreiben Prosa
Warum einen Verlag, in dem Drehbuchstudenten Prosa veröffentlichen können? Wäre es nicht vernünftiger, sie schrieben ausschließlich Drehbücher, konzentrierten sich auf ihr eigentliches Berufsziel? Eine berechtigte Frage.
Nachdem ich jetzt seit vierzehn Jahren regelmäßig an der Akademie unterrichte und seit vier Jahren gemeinsam mit Franziska Buch die Drehbuchabteilung leite, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es sowohl für die fachliche als auch für die persönliche Entwicklung des Drehbuchautoren wichtig ist, Prosa zu schreiben und natürlich zu veröffentlichen.
Viele Drehbücher, die in den letzten Jahren geschrieben worden sind, verfügen zwar über einen korrekten, dramaturgischen Aufbau und interessante formale Ideen, leiden aber an sterilen, langweiligen Figuren und funktionalen, einfallslosen Dialogen. Prosa bietet, anders als das Drehbuch, die Möglichkeit, direkt in die Gedankengänge und das Innenleben einer Figur einzutauchen, sie bis ins letzte Detail auszuleuchten. Dieses intensive Kennenlernen der Figuren wirkt sich dann wieder positiv auf die Drehbucharbeit aus. Plötzlich entstehen spannendere intensivere Szenen, bessere Dialoge. Das war überall dort zu beobachten, wo die Kurzgeschichten der Studenten Basis für die weitere Drehbucharbeit wurden.
Aber auch für das persönliche Selbstvertrauen der Drehbuchstudenten ist die Möglichkeit, eine eigene Geschichte zu veröffentlichen, bei der kein Regisseur und kein Producer mitgeredet haben, enorm wichtig. Gerade wenn man normalerweise immer im Team arbeiten muss und dort das schwächste Glied ist, und das ist der Autor zweifellos, ist es von befreiender Wirkung, zusätzlich über eine kleine Insel zu verfügen, auf der man sich unabhängig entfalten darf. Nur so ist die große Begeisterung der Studenten für dieses erste Prosaprojekt zu verstehen.
Prof. C. Fromm