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AutorenbildChristoph Fromm

Ukrainekrieg: Die Diplomaten


Ich finde, alle Teilnehmer von Talkshows sollten sich ab sofort bei Beginn der Sendung an den Händen fassen und gemeinsam intonieren: Putin ist böse, Selenskyj ein Held, der Krieg ein verbrecherischer Angriffskrieg, kein Diktatfrieden für Russland!


Das würde uns allen enorm viel Zeit und nutzloses Gelaber ersparen. Es ist wirklich unerträglich, wie hier ständig Fronten aufgebaut werden, die überhaupt nicht existieren und den wenigen intelligenten Menschen, die es in dieser Diskussion noch gibt, wie zum Beispiel Harald Welzer, permanent unterstellt wird, sie würden einer Kapitulation der Ukraine das Wort reden.


Ich empfehle dringend, Henry Kissinger sehr genau zuzuhören, der noch ein Diplomat von Format ist, ein Mann, dessen Fähigkeiten uns gerade bitter fehlen:

Er hat in einem Interview gesagt, dass er es für unklug hält, Russland ständig an den Pranger zu stellen, und wir mit der Strategie, Russland militärisch so weit wie möglich zu schaden, Russland immer mehr in die Arme von China treiben. Seiner Meinung nach müsste eine kluge Diplomatie darin bestehen, sowohl mit Russland als auch mit China diplomatische Beziehungen zu pflegen, die eine „balance of power“ erzeugen. Natürlich müssen wir dabei unsere demokratischen Werte selbstbewusst vertreten, aber wir müssen gleichzeitig die Realität dieser Regime akzeptieren, und dort, wo das kollidiert, wie jetzt in der Ukraine, müssen diplomatische Lösungen gefunden werden.


Das heißt, es ist richtig, die Ukraine so sehr zu unterstützen, dass sie militärisch nicht verliert, aber auf keinen Fall, sie bis an die Zähne aufzurüsten und zu ermutigen, Russland eine demütigende Niederlage zuzufügen.


Was das detailliert bedeutet, sollten die Ukraine und Russland möglichst bald am Verhandlungstisch klären und nicht weiter militärisch. Bei Fortführung des militärischen Konflikts besteht die Gefahr, dass eine Seite dann doch eindeutig die Oberhand gewinnt und das wird die Verhandlungen, die so oder so früher oder später stattfinden müssen, noch schwieriger machen. Es ist zum Beispiel schwer vorstellbar, dass Putin Odessa, wenn er es einmal hat, wieder hergeben wird und ebenso wenig wird Selenskyj die Krim, wenn er sie zurückerobern kann, wieder Russland überlassen. Beide Szenarien aber würden für neuen Zündstoff sorgen.


Insofern ist das vorsichtige Lavieren von Olaf Scholz sehr gut nachvollziehbar und bedeutend intelligenter als das Kriegsgetöse einiger Grüner und FDP-Abgeordneter.

Und natürlich hat Macron mit dem Satz recht: Putin darf den Krieg nicht verlieren, und Frau Strack-Zimmermann sollte endlich begreifen, dass erfolgreiche Diplomatie nicht auf moralischen, sondern auf strategischen Überlegungen aufbaut.

Es ist erschreckend, mitzuverfolgen, wie die Diskussion immer polemischer wird, und wie die Sehnsucht nach einem klaren „gut“ und „böse“ die Suche nach intelligenten Lösungen behindert und erschwert.


Es sollten möglichst rasch Gespräche der USA mit China stattfinden, mit dem Ziel, Einfluss auf Russland zu nehmen. Putin braucht China, um auch in Zukunft seine Rohstoffe verkaufen zu können. Insofern könnten die Chinesen Putin an den Verhandlungstisch bringen. Wenn jetzt allerdings der Konflikt wegen Taiwan zwischen China und den USA militärisch eskaliert, dann haben wir den Dritten Weltkrieg mit allen furchtbaren Folgen. Das wäre das Ende unserer Zivilisation.

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