ARD und ZDF wollen wieder einmal mehr Geld. Doch diesmal zögert die Politik, wohl wissend, dass die Mehrheit der Bürger gegen eine weitere Erhöhung der GEZ-Gebühren ist. Natürlich sind 10 Milliarden Etat sehr viel und man kann sich sowohl über exorbitante Pensionen als auch Gehälter des Führungspersonals ärgern – für mich gibt es aber einen anderen, entscheidenden Grund, warum ich gegen diese Erhöhung bin: Die mangelhafte Qualität des Programms.
Erschreckender Mangel an Qualität im deutschen ÖRR
Wenn sich ein Herr Himmler (Intendant ZDF) hinstellt und behauptet, nur mit einer Erhöhung könne der ÖRR seine Qualität in Berichterstattung und Unterhaltung aufrechterhalten, dann klingt das für mich wie blanker Hohn. Denn das fiktionale Programm kommt seit Jahrzehnten Jahr für Jahr immer mehr herunter, es dominieren niveaulose Serien, in denen Gut-Böse-Dramaturgien vorherrschend sind und in denen es nur noch platte Abziehbilder und abgelutschte Standarddialoge gibt. Ein Qualitätsprodukt, das zu Beispiel mit der US-Serie „Succession“ vergleichbar wäre, habe ich im ÖRR noch nie auch nur ansatzweise gesehen. Wer etwas anderes behauptet, hat entweder keine Ahnung oder lügt bewusst.
Performative Herangehensweise an die Schaffung neuer Figuren
Das ist kein Wunder: Anstatt die Wirklichkeit zu recherchieren und fantasievoll umzusetzen, geht man didaktisch an neue Geschichten heran. Da werden sogenannte „Genderdays“ an Filmhochschulen veranstaltet, wo Producer_innen auftreten, die als Voraussetzung für eine Geschichte eine starke Frauenfigur (die dann meistens höchst absehbar und langweilig ist), einen Homosexuellen, eine(n) schwarze und eine nonbinäre Person verkünden. Wohlgemerkt: Gegen solche Figuren ist überhaupt nichts einzuwenden, aber man sollte doch erstmal schauen, ob sie in die entsprechende Geschichte passen. Und man sollte sie ambivalent und realistisch erzählen, anstatt sie als Heiligenbildchen zu präsentieren.
Während es im angelsächsischen Raum gelingt, solche Figuren gekonnt und entspannt in dafür passende Geschichten einzubinden, geraten solche Vorhaben im deutschen Fernsehen zu verkrampften, völlig unglaubwürdigen und hemmungslos langweiligen Veranstaltungen. Fazit: Man sollte endlich mal wieder Figuren so erzählen wie sie sind und nicht, wie sie kleinbürgerlichen Moralvorstellungen nach sein sollten.
Mangel an tiefgehender, authentischer Recherche
Und auch mit der angeblich objektiven Berichterstattung im Nachrichtenbereich ist es spätesten seit Corona nicht mehr weit her. Es gibt keine ausgewogene kritische Berichterstattung über den Ukrainekrieg mehr; stattdessen muss man jetzt zähneknirschend zugeben, dass man sich in der Beurteilung der Lage verschätzt und inflationär „Fachleute“ befragt hat, die nachweislich keine sind. Insgesamt fehlt auch in anderen Dokumentationen und Berichten das Tiefergehende, es fehlen die interessanten Details, die Ambivalenz, das vor Ort recherchierte Material, man hat zunehmend das Gefühl, hier schreibt einer vom anderen ab und bei jeder weiteren Doublette wird der Inhalt dünner.
Interview mit Dominik Graf, Christoph Fromm & Georg Feil: "Die Katze"
Vor einiger Zeit wurden der Regisseur Dominik Graf, der Produzent Georg Feil und ich für eine englische DVD-Ausgabe von unserem Kinofilm „Die Katze“ (1988) interviewt.
Interessant für mich war dabei, dass sich alle drei Befragten darin einig waren, ein Film von solcher Radikalität und amoralischen Kraft könnte heute in Deutschland niemals mehr gedreht werden. Das ist ein Armutszeugnis für den ÖRR, der ja an jedem teureren Filmprojekt beteiligt ist und dessen Arm zu Unrecht tief in den deutschen Filmförderungsapparat hineinreicht. (Auch an diesem eklatanten Missstand ändert die deutsche Politik seit 30 Jahren nichts).
Einengung durch unbedingte "political correctness"
Genauso wie an Bürokratie im Wirtschaftsbereich ersticken wir an political correctness im Kulturbereich. Es reden viel zu viele bei den diversen Projekten mit, (vor allem viele Ahnungslose), und es findet durch alle möglichen Regeln, Vorschriften und vermeintliche Erfolgsrezepte eine Selbstkastration statt, die nichts als endlose Langeweile produziert.
Ganz vorneweg: Die seit Jahrzehnten tobende selbstzerstörerische Diskussion über sympathische und unsympathische Figuren. Ich kann jedem bzw. jeder Drehbuchautor_in nur dringend empfehlen, die Arbeit sofort niederzulegen, sobald diese Diskussion einsetzt: Ansonsten droht das, was man in meiner Satire „Das Albtraumschiff“ nachlesen kann.
Die Kunst muss frei sein, und im ÖRR auch frei von Quotenzwang, sonst macht die verordnete Finanzierung durch Gebührenzahler ohnehin keinen Sinn und wäre, meiner bescheidenen Meinung nach, sogar grundgesetzwidrig. Wie sagte ein ehemaliger Intendant so schön: „Wir werden unserem Kulturauftrag nur bedingt gerecht.“ Ich habe selten einen größeren Euphemismus gehört. Die Aufgabe von Fernsehredaktionen müsste darin bestehen, den Kreativen möglichst viele Freiräume zu ermöglichen, anstatt sie in endlosen Sitzungen mit bis zu zwanzig Redakteur_innen so lange durch den öffentlich moralischen Wolf zu drehen, bis endgültig jegliche Qualität aus den Drehbüchern verschwunden ist.
Übrig bleiben bei einer solchen Vorgehensweise nur die Opportunisten, und dementsprechend sieht das Programm auch aus. Es geht nicht in erster Linie um mehr oder weniger Geld, das Problem sitzt viel tiefer. Man müsste wieder Leute mit Mut, mit Originalität für den deutschen Film, das deutsche Fernsehen begeistern, ja, auch Leute die unbequem, die schwierig sind.
Im Augenblick befinden wir uns meiner Meinung nach leider Lichtjahre davon entfernt.
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