Bundesweiter Vorlesetag
- Christoph Fromm

- vor 2 Tagen
- 2 Min. Lesezeit

Ich werde nie vergessen, wie wir in einer kleinen badischen Schule zu unserer Kinderbuchlesung aus „Gottfried der Turborabe“ empfangen wurden: Mit einem eigenen Lied, das die Kinder für uns und unseren frechen Raben Gottfried einstudiert hatten. Oder wie ein zehnjähriges Mädchen nach der Lesung zu uns kam und sich mit Tränen in den Augen dafür bedankt hat, dass in unseren Kinderbüchern eben auch Themen wie Flucht und Rassismus angesprochen werden. Vorlesen ist nach wie vor unglaublich wichtig. Dies stellen wir in unserer Schreibwerkstatt für Kinder, die wir jede Woche in der Grundschule Mietingen abhalten, immer wieder fest. Nur Kinder, denen vorgelesen wird, beginnen selbst zu lesen und entwickeln die nötige Kraft, um zwischen ihrer Fantasie und den Buchtexten eine Verbindung herzustellen, die im besten Fall zu eigenen Ideen und Geschichten führt.
Umso weniger kann man begreifen, dass viele Eltern ihren Kindern ganz offensichtlich wenig oder gar nicht mehr vorlesen. Man kann es nicht deutlich genug sagen: Computerspiele oder Chatten im Internet, das Anschauen von TikTok oder Youtube Videos sind kein Ersatz für das Vorlesen, das zum Selberlesen führen könnte. Denn ohne eigenes Lesen sieht es auch mit der Rechtschreibung ziemlich düster aus. Nach meinen Erfahrungen beherrschen 90 Prozent der Kinder in der vierten Grundschulklasse die deutsche Rechtschreibung nicht. Sie machen nicht zwei Fehler in einem Satz, sondern in einem Wort. Höchstens zehn Prozent können einigermaßen fehlerfrei schreiben, richtig gut vielleicht zwei Prozent. Das ist die Realität, und die hat ganz viel damit zu tun, dass viel zu wenig vorgelesen und selbst gelesen wird.
Aber nicht nur für Kinder ist Vorlesen wichtig. Ich habe vor zwei Wochen an der Volkshochschule Laupheim eine Lesung zum Thema „Krieg in der Literatur“ veranstaltet, und ich kann sagen, dass die Leute, die da waren, sehr interessiert waren und auch einige neue Erkenntnisse mit nach Hause genommen haben. Dieser lebendige Austausch ist enorm wichtig. Er führt dazu, dass Menschen miteinander reden und durchaus auch streitig diskutieren, aber man bleibt im Gespräch und zieht sich nicht in seine Internetbubble zurück, in der man mit den immer gleichen Meinungen gefüttert wird.
Insofern freue ich mich darauf, meinen neuen Roman „Hitler – der Prophet der Finsternis“ ab nächstem Frühjahr vielen Leuten vorlesen zu dürfen.




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