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Der Ukrainekrieg: Butscha


Es war leider zu befürchten, aber wenn man es dann sieht, ist es natürlich trotzdem schockierend, furchtbar: die Kriegsgräuel in Butscha und an anderen Orten in der Ukraine.

Der Krieg zeigt seine hässlichstes Fratze: Unschuldige Zivilisten werden gefoltert, verstümmelt, geschändet, ermordet.


Die Behauptung der russischen Seite, das alles sei inszeniert, wirkt sehr unglaubwürdig. Da die Toten laut Satellitenbildern seit Anfang März auf den Straßen liegen, wird ihr Todeszeitpunkt sehr eindeutig gegen diese russische Behauptung sprechen. Spätestens nach deren Obduktionwerden wir endgültige Gewissheit haben.


Aber die Zeugenaussagen sind bereits jetzt so erdrückend, dass eigentlich niemand mehr die russische Version glaubt.

Wie konnte es dazu kommen? Keiner, der sich mit Kriegspsychologie auskennt, ist wirklich überrascht: Natürlich könnte Frustration eine Rolle gespielt haben. Die Russen mussten erkennen, dass sie den Krieg im Raum Kiew verloren haben. Natürlich könnte auch eine Rolle spielen, dass sie ein Exempel an sogenannten „Verrätern/Kollaborateuren“ statuieren wollten.


Am wahrscheinlichsten ist aber, dass die russischen Soldaten mit der Extremsituation des Krieges und den hohen Verlusten, die sie von Anfang an erlitten, psychologisch nicht zurechtkamen, und ihre Angst dann in Grausamkeit und Sadismus umschlug. Inwieweit Vorgesetzte diese Mechanismen noch gefördert haben, werden hoffentlich Untersuchungen zeigen.


Die Vorgänge sind selbstverständlich unentschuldbar und müssen, soweit irgend möglich, geahndet werden.

Aber sie zeigen auch, dass die Entscheidung, der Ukraine Waffen zu liefern, zu einem langen, extrem grausamen Abnützungskrieg führen musste. Und, so schlimm es auch ist, dieser Weg darf jetzt nicht verlassen werden. Die Ukraine muss das jetzt durchstehen, und der Westen muss sie mit allen Waffen unterstützen. Aber, da sollte man sich nichts vormachen: Die Kämpfe werden immer schlimmer und gnadenloser werden.


Und das Allerschlimmste könnte noch bevorstehen: Putin könnte durch weitere militärische Erfolge der Ukraine so sehr in die Defensive gedrängt werden, dass er doch chemische Waffen oder taktische Atomwaffen einsetzt.


Deswegen darf trotz allem der Faden der Verhandlungen nicht abreißen. Und die Ukraine darf den Augenblick, in dem sie viel in der Hand hat, aber nicht so viel, dass Putin zum Äußersten greift, nicht verpassen. Das ist eine große Herausforderung.


Für den Westen muss weiterhin gelten: Auf keinen Fall militärisch eingreifen. Und: Sanktionen, die uns mehr schaden als Putin sind kontraproduktiv und sollten unterbleiben.

Es wäre ja so schön, wenn man Putin für ein/zwei Monate einem Totalembargo unterziehen und ihn so zur Kapitulation zwingen könnte. Aber das ist Wunschdenken. Putin kann mindestens ein bis zwei Jahre lang Geld drucken lassen, ehe seine Rubelwirtschaft zusammenbricht. In diesem Zeitraum hätte er sicherlich bereits neue Pipelines gebaut, über die er dann China und Indien beliefert.


Die Freiheit der Ukraine kann also nur militärisch erkämpft werden. Das wird leider noch viele Opfer fordern.

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