Die Abrüstungswoche – ein leeres Ritual?
- Christoph Fromm

- 24. Okt.
- 2 Min. Lesezeit

In einer Zeit, in der viele nur noch über Krieg, Waffenlieferungen und Wehrpflicht reden, sollte die von der UN ausgerufene Abrüstungswoche besonders wichtig sein. Leider ist davon wenig zu bemerken. Stattdessen liefert Europa jetzt einen Zwölfpunkte Friedensplan, bei dem allen klar sein müsste, dass Russland bereits bei Punkt 1 aussteigen dürfte. Die russischen Verhandlungspartner haben immer wieder eindeutig klar gemacht, dass sie keinen Waffenstillstand wollen, sondern einen Friedensvertrag. Natürlich nur mit äußerst unangenehmen Bedingungen für die Ukraine.
Allein an diesem Beispiel sieht man einmal mehr: Es ist leicht, einen Krieg vom Zaun zu brechen, denn er wird immer auf Kosten der Bevölkerung geführt, aber es ist eine hohe diplomatische Kunst, dauerhaften Frieden zu schließen.
Das gegenwärtige Szenario bietet wenig Anlass zur Hoffnung: Die USA wollen unbedingt aus dem Krieg heraus. Sie haben ihn bereits als Verlustgeschäft abgeschrieben und wollen sich auf ihren Hauptgegner China konzentrieren. China hat keinerlei Interesse, dass der Krieg bald endet, denn Russland bindet so zumindest Europa weiter ein. Europa hingegen müsste allergrößtes Interesse daran haben, den Krieg zu beenden, denn jedem, der nicht von allen guten Geistern verlassen ist, ist längst klar, auf Dauer wird die Ukraine – allein mit Europa als Verbündetem – Russland nicht aufhalten können. Wenn man den Krieg weiterlaufen lässt, wird der Riss in der NATO noch größer und vor allem Südeuropa wird sich weiteren Unterstützungen rigoros verweigern. Die drei hochverschuldeten Länder Frankreich, Großbritannien und Deutschland können die Ukraine auf die Dauer mit Waffenlieferungen nicht retten. Drei Brigaden NATO-Soldaten an einer 1200 Kilometer langen Frontlinie wären heillos überfordert und weitestgehend nutzlos.
Es bleiben also nur Verhandlungen.
Ich muss daran erinnern: Als Herr Mützenich vor einem Jahr vorgeschlagen hat, den Konflikt an der aktuellen Frontlinie einzufrieren, wurde er als Putin-Versteher und Vaterlandsverräter beschimpft. Ein Jahr später ist das Einfrieren an einem für die Ukraine bedeutend schlechteren Frontverlauf und weiteren hohen Verlusten an Menschen und Material EU-konform.
Nicht nur Putin hat längst erkannt, dass der Ukraine und ihren europäischen Verbündeten das Wasser bis zum Hals steht. Dementsprechend lässt er sich Zeit, erobert weiter und verschleißt skrupellos seine und gegnerische Soldaten. Er will keinen Waffenstillstand. Er will sofort einen Friedensvertrag. Die Bedingungen dürften hart sein: Die vier Oblaste, keine NATO-Truppen in der Ukraine, keine NATO-Mitgliedschaft.
Inwieweit man in Verhandlungen wenigstens noch einen Teil des Donbass retten kann, käme auf das Verhandlungsgeschick der Delegation an. Der 12 Punkte Plan wird jedenfalls keine Basis sein. Man kann der Ukraine nur helfen, indem man Putin lukrative Angebote macht. Das können Aufhebung der Sanktionen sein oder auch Rohstoffabkommen sein. Nur nebenbei: Die Osteuropäer, die dauernd schärfere Sanktionen fordern, brauchen für ihre Kernkraftwerke dringend das Uran aus Russland. Deswegen ist das Uran von den Sanktionen ausgenommen. Ein Beispiel unter vielen, wie schwach und inkonsequent Europa auftritt. Und deswegen wird Europa bei Friedensverhandlungen – ebenso wie im Nahostkonflikt – kaum eine Rolle spielen. Das Schicksal der Ukraine wird zwischen den USA und Russland entschieden, und hoffentlich gelingt den beiden im Zuge dessen auch noch eine Erneuerung des New Start Vertrags über atomare Abrüstung. Dann hätte die Abrüstungswoche im Nachhinein wenigstens wieder eine gewisse Berechtigung.




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