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Meine Gedanken zu meiner Lesung in Laupheim

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Volkshochschule Laupheim, 6. November, 18.30 Uhr

 

Obwohl es bereits stockdunkel, kalt und neblig ist, haben ungefähr zwanzig Leute zu meiner Lesung mit dem Thema „Krieg in der Literatur“ gefunden. Auch einige junge Leute, was mich besonders gefreut hat. Schließlich sind sie diejenigen, die besonders betroffen sein werden, falls Deutschland sich zukünftig in einen Krieg verwickeln lässt.

Ich lese zunächst aus meinem Roman „Stalingrad – die Einsamkeit vor dem Sterben“ und ich spüre, dass der Text zu den Leuten überspringt, was immer ein besonders intensives Gefühl für einen Schriftsteller ist. Danach eine erste lebhafte Diskussion zum Thema Krieg: Wann sind Kriege unausweichlich, wie darf/soll sich der Einzelne im Kriegsfall verhalten? Und natürlich Fragen zu meiner Recherche, zu den damaligen Zeitzeugen. Auch einige Berichte von Anwesenden, deren Väter oder Großväter an der Ostfront waren – in einem Fall sogar in Stalingrad.


Ich leite mit Görings berüchtigter Rede – in der er die Stalingrad-Kämpfer nach dem Fall der Stadt mit den Nibelungen verglichen hat – zum Nibelungenmythos über, der zur bekanntesten deutschen Volkssage gehört. Diese ist meiner Meinung nach tief im deutschen kollektiven Unterbewusstsein verankert. Dann lese ich aus meiner Thorreihe vor, in der ich die Nibelungen in die Zukunft verlegt habe.

Anschließend wieder eine interessante Diskussion über den Mythos und seinen Missbrauch durch die Nazis. Aber selbstverständlich ist dieser Missbrauch nicht die einzige Wurzel des Übels. Ich stelle die unangenehme Frage, warum das deutsche Volk ausgerechnet einen Mythos zur Nationalsage erklärt hat, der von Rache, Selbstzerstörung, ja dem unbedingten Willen zum Untergang handelt. Und nicht genug damit: Wenn man die Geschichte der Deutschen verfolgt, so haben sie diesen Willen zum Untergang sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg eindrucksvoll unter Beweis gestellt, und auch die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Lage zeugt von einem Hang zur Selbstzerstörung.


Das Ausland blickt mittlerweile ratlos bis belustigt auf diese Deutschen, die sich in moralistischen Sackgassen verrennen, aber nur wenige ziehen eine Linie von den Nibelungen zum neudeutschen Gutmenschentum. Es ist ein Hang zur Radikalität und zur Irrationalität im deutschen Handeln, das dem Pragmatismus der Angelsachsen zutiefst widerspricht.

Und zuletzt muss sich natürlich jeder Einzelne die unangenehme Frage stellen: Krieg ist schrecklich, das wissen wir alle – warum also lassen sich so viele Menschen immer wieder dazu überreden, hinzugehen?


Ich spreche über Johnny, den Deutschamerikaner, den ich nach seinem Einsatz als Fallschirmjäger in Vietnam kennengelernt habe. Johnny war vom Krieg zerstört – und trotzdem wollte er wieder in den Krieg. Durch ihn wurde mir klar: Krieg ist für viele eine selbstzerstörerische Droge. Wer einmal mit ihm in Berührung gekommen ist, kommt nicht mehr von ihm los.


Ich bin an diesem Abend mit der Gewissheit nach Hause gegangen, dass wir über interessante, fundamental wichtige Fragen diskutiert haben und freue mich auf die nächste Lesung.   


 
 
 

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