Nato Gipfel - alles gut?
- Christoph Fromm
- 26. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Der Nato Gipfel wäre auch so zusammenzufassen: Man hat alles dafür getan, dass Trump sich wohl fühlt. Und gnädigerweise hat „Papa Trump“ dann, wie er von Rutte genannt wurde, versprochen, Artikel 5 (Beistandsverpflichtung) einzuhalten, „weil er Europas Führer großartig finde und viele seine Freunde seien und er ihnen helfen wolle“. Nun weiß mittlerweile jeder, dass Trump seine Meinung nächste Woche wieder ändern kann, vor allem, wenn nicht alle Europäer die 5 Prozent berappen. Daraus wird der Schluss gezogen, dass man nun eben möglichst rasch viele Milliarden in konventionelle Aufrüstung investieren müsse.
Die eigentliche Gretchenfrage ist allerdings, wie wir in Europa, unabhängig von den USA, eine wirksame nukleare Abschreckung schaffen können, die Russland oder andere Aggressoren tatsächlich an einem Angriff hindern würde. Doch diese Frage wird elegant übergangen, stattdessen tauchen nun Planspiele des BND und der Bundeswehr auf, in denen „nur“ von einem möglichen „Antesten“ Russlands im Baltikum oder Skandinavien die Rede ist. Und dieser Aggression könne man dann durchaus rein konventionell begegnen. Man hat also ein Narrativ gefunden, das eine rein konventionelle Aufrüstung sinnvoll erscheinen lässt. Für mich klingt es nicht schlüssig. Entweder Russland hat wirklich vor, über den Dnjepr hinaus weiterzumarschieren und dann wird es seine 5000 Atomsprengköpfe zumindest als Erpressungspotenzial benutzen (was es im Ukrainekrieg bereits getan hat) oder aber es begnügt sich mit einem „Ukrainepuffer“ gegen die NATO-Osterweiterung.
Niemand, auch kein Stratege des BND, kann mit Sicherheit sagen, wie sich Russland in Zukunft verhalten wird. Vor allem weiß niemand, wie es nach Putin weitergehen wird. Vieles spricht dafür, dass es noch schlimmer werden könnte.
Deswegen wäre jetzt das Allerwichtigste, mit Frankreich ernsthaft über die zukünftige nukleare Abschreckung Europas zu verhandeln. Ziel muss eine gemeinsame europäische Abschreckungsstrategie sein. Wer die Franzosen kennt weiß, das werden hochschwierige Verhandlungen, aber sich um diese Frage zu drücken bedeutet, das Problem nicht wirklich lösen zu können. Wenn wir es aber nicht einmal schaffen, und das ist der aktuelle Status, in konventionellen Rüstungsfragen gemeinsam zu handeln und weiterhin jeder sein eigenes Süppchen kocht, dann werden wir weiter hilflos von „Papa Trump“ abhängen und unsere vielen Milliarden völlig sinnlos verbrannt. Ein planloser Aktionismus wird uns wirtschaftlich ruinieren und nichts bringen.
Aber selbst, wenn unsere Regierung die Weichen jetzt sinnvoll stellt – und dafür spricht wenig – haben wir mindestens zehn Jahre vor uns, in denen wir nicht wirklich verteidigungsfähig sind. In dieser Zeit täten wir gut daran, uns sowohl gegenüber den USA als auch Russland möglichst konstruktiv zu verhalten. Wir können in dieser Zeit keine „Diplomatie der Stärke“ pflegen, weil wir schlicht keine Stärke besitzen, sondern wir müssen zu einer Diplomatie der geschickten Taktik, der lukrativen Angebote, des Interessenausgleichs finden. Da wir keine militärische Stärke besitzen, müssen wir, um Probleme zu lösen, unsere wirtschaftliche Stärke nützen, die wir - noch – besitzen. Eine Zeitlang ist das als „Scheckbuchdiplomatie“ abgetan worden. Die war auf jeden Fall klüger als Stechschrittjournalismus und Maulheldentum.
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